Das klimaneutrale Schulhaus

CdB setzt auf nachhaltiges Bauen!

Stampflehm und “Green Concrete” – Ziel: klimaneutrales Bauen

Die Verwendung gebrannter Ziegel und großer Mengen an Mörtel ist uns schon seit Langem ein Dorn im Auge. Ziegel werden bei über 900°C gebrannt, Zement bei 1.450°. Zudem spaltet sich beim Brennen von Zement CO2 ab, d.h. auch etwa mit Solarstrom oder Abwärme wäre er noch nicht klimaneutral. Hinzu kommen große Distanzen beim Transport, die ihn nicht nur teuer machen, sondern weitere Treibhausgase freisetzen.
Dies alles, um ein Gebäude wasserfest zu machen – die statischen Eigenschaften, die zehn Stockwerke erlauben, sind für die üblichen Schulgebäude ja nicht relevant.

Wir haben deshalb schon vor Jahren recherchiert, welche Alternativen es gibt. Lehmbau neuer Art war aber noch kaum verbreitet, ebenso pozzolanische Zemente. Lediglich ein Projekt in Mexiko produzierte in nennenswerter Menge, d.h. hätte auch Zement verkaufen können – für Malawi natürlich ohne Relevanz.

Doch seit letztem Jahr sieht die Sache für uns anders aus – mit Markus Dobmeier konnten wir einen Architekten mit fundierten Kenntnissen auf diesem Gebiet finden, der mit uns gemeinsam einen Prototypen für einen Schulblock aus Stampflehm entwarf, welcher je nach lokal vorhandenen Materialien in unterschiedlichen Varianten realisiert werden kann.

Wolfram Schmidt von der Bundesanstalt für Materialforschung und Mareike Thiedeitz von der TU München, die beide zu alternativen Zementen forschen, unterstützten uns beim Aufsetzen eines Pilotprojekts zur Entwicklung von Brennöfen, die zur Gewinnung alternativer Rohmaterialien geeignet sind, unter den in Malawi gegebenen Bedingungen.

Schließlich fanden wir ein lokales Ingenieurbüro, das in der Lage ist, diese Brenner – angepasst auf unsere Bedürfnisse – zu entwickeln und den Bau zu realisieren. In einem zweiten Schritt werden Abläufe und Ergebnisse analysiert, im Anschluss eine verbesserte Variante entworfen.

Der Grundgedanke – woher kommt die neue Dynamik?

Green Concrete wird aus Pflanzenasche gewonnen. Hier drängt sich wie beim Biosprit die sehr berechtigte Frage auf, ob Pflanzen angesichts des weltweiten Nahrungsmangels überhaupt zu solchen Zwecken verwendet werden sollten.
Die Antwort: Es gibt große Mengen an Pflanzenabfällen, die anders nicht verwertbar sind, die also weder gegessen werden, noch zu Dünger etc. verarbeitet werden können. Hierzu zählen Cassava/Maniok-Schalen, Reisspelzen, Maiskolben und verschiede Schalen. Diese können nicht nur verbrannt werden, sondern sollen es sogar, da sie sonst Platz benötigen, der anderweitig besser genutzt werden kann.

Brandaktuell: Das Thema Dünger

Ein zweiter neuer und großer Treiber ist das Thema Dünger: Mit dem Ukrainekrieg hat sich der Preis für Kunstdünger von ca. 16 auf ca. 80 Euro je 50kg-Sack verfünffacht. Angesichts des in der konventionellen Landwirtschaft hohen Düngerbedarfs war dieser schon vorher ein extremer Kostentreiber, z.B. in unseren Schulspeisungsprojekten. Inzwischen ist er so teuer, dass der Preis sich mit der Ernte kaum wieder hereinholen lässt. Viele Kleinbauern – und auch manche Schulspeisung – stellt dies vor existenzielle Probleme!
Als vorteilhaft erwies sich, dass wir schon vor einigen Jahren begonnen haben, auf nachhaltige Landwirtschaft umzustellen, sodass wir hier relativ schnell reagieren können. Die Tiefbetttechnik hat einen deutlich geringeren Düngerbedarf, was uns in dieser Situation sehr hilft. Dennoch haben wir recherchiert, welche alternativen Dünger es gibt, und lernten, dass neben dem schon bekannten Bokashi und Mbeya kann auch Pflanzenkohle (“Biochar”) als Grundstoff bzw. Booster verwendet werden kann, in Kombination z.B. mit Rinderurin, Kompost, etc.
Diese Kohle kann mit einem etwas fortgeschrittenerem Pyrolyseverfahren unter Sauerstoffabschluss erzeugt werden – womit wir wieder bei unserem Thema sind. Statt nur einer Bauform, die eine gewisse Form der Asche als Nebenprodukt der Schulspeisungen erzeugen soll, bauen wir nun, eher für Märkte und Mühlen, zunächst einen kleineren Prototypen eines Pyrolyseofens, welcher sicher handhabbar ist und noch so dimensioniert, dass er auch in etwas abgelegeneren Gebieten zum Einsatz kommen kann.

Warum neu entwickeln?

Zwar sind vereinzelt schon solche Öfen vorhanden, aber in der Regel sind sie für den Einsatz mit großen Mengen konzipiert. Zum einen sind unsere Szenarien kleine bis mittelgroße Gemüsemärkte oder Schulen, zum anderen sind diese Öfen sehr groß, d.h. Transporte müssten mit schwerem Gerät erfolgen – die Wege sind hierfür meist nicht ausgelegt. Allternativ werden sie vor Ort gebaut, was aber nur Spezialisten möglich ist.  Wir haben uns deshalb ein Zwei-Kammer-System überlegt, eine Art Hybrid-Lösung, über die wir nach erfolgreichen Tests im Detail berichten werden. An dieser Stelle unser Dank der Familie-Eickelberg-Stiftung, die hier die Anschubfinanzierung übernommen hat.

Was hat Stampflehm damit zu tun?

Eingangs wurde das Thema Ziegel schon angesprochen – hoher Energieaufwand beim Brennen, Eigenschaften, die weit über den Bedarf hinausgehen, und ein ebenfalls hoher Bedarf an Mörtel, da die Ziegel meist recht unregelmäßig sind. Als Zement noch günstiger war, konnte man dies gut machen, aber heute ist es mitunter günstiger, teure Industrieziegel zu kaufen, da man mit diesen die Mörtelschicht deutlich dünner machen kann und somit insgesamt einen niedrigeren Preis erreicht als mit den selbst produzierten Ziegeln.
Das Mauerwerk ist also für einen großen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich. Alleine hier fällt etwa die Hälfte des verwendeten Zements an. Mehr als ein Viertel entfällt auf den Boden – auch hier werden wir uns nach anderen Möglichkeiten umsehen. Stampflehm ist eine davon, bedarf aber noch der Untersuchung. Härtungsverfahren sind in Diskussion, aber evtl. nicht notwendig. Bei den Fundamenten und Drainagen können wir – zumindest vorerst – nicht auf Zement verzichten. Die Regenzeit in Malawi dauert vier Monate, und die Regen sind durchaus heftig. Überschwemmungen sind keine Ausnahmen. Es ist also wichtig, dass die Fundamente stabil und wasserfest sind.
Aber: Pflanzenasche kann einen Teil des Zements ersetzen. Bei Anteilen von zehn Prozent verbessern sich die Eigenschaften des Betons oder Mörtels sogar, erhöht man auf zwanzig, erreicht man etwa die vorherige Stabilität. Für Anwendungen wie Estriche oder Drainagerinnen sind auch höhere Anteile denkbar, zudem kann vermahlene Pflanzenkohle beigemengt werden, als CO2-Senke, was die Klimabilanz weiter verbessern würde – aber hier ist noch sehr viel zu tun und zu erforschen. Wir beginnen mit dem, was beherrschbar ist, und weiten die Anwendung dann schrittweise aus. Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 70-80 % scheint jedenfalls in absehbarer Zeit erreichbar zu sein.

Erfolgreiches Pilotprojekt 2022: Die Schulküche mit Lagerraum in der
Gemeinde Msikinya. Der Lehmputz war nach der Regenzeit weitgehend
abgewaschen, aber der gestampfte Teil war noch vollständig vorhanden

Unser erstes kleines Pilotprojekt war eine Schulküche mit Lagerraum. Hier ging es primär darum, den Menschen vor Ort zu zeigen, dass ein solches Gebäude eine Regenzeit übersteht. Mit den lokalen Techniken ist dem nicht so, da die Fundamente nicht ausreichen und da der physikalische Effekt des Stampfens – hierbei verändert sich die Oberfläche – nicht bekannt ist. Ebenso gibt es Techniken zur Verbesserung der Haltbarkeit, die aber ebenfalls nicht bekannt sind, und die wir nun schrittweise ausprobieren werden. Da es aber in Westafrika, Bangladesch und auch in Deutschland schon ältere Gebäude gibt, die ohne diese gebaut wurden, liegt hier kein besonderer Augenmerk.
Als nächsten Schritt planen wir den Bau einer lokal angepassteren Version der obigen Schulküche, mit abgerundetem Grundriss, und dann eine Testversion des eingangs erwähnten Schulblocks. Insgesamt sind wir hier auf einem hoch spannenden Weg und wir danken allen, die uns bis hierher unterstützt haben bzw. noch weiter unterstützen!